Die gegenwärtig bedeutsamsten Rüstungsbetriebe in Kassel sind:
(1) Krauss-Maffei Wegmann GmbH & Co. KG (KMW)
gehört zu: KNDS (KMW and Nexter Defense Systems)
KNDS ist ein französisch-deutsches Unternehmen mit Sitz in Amsterdam.
Es steht auf dem 10. Platz der großen europäischen Rüstungshersteller: ca. 2,4 Mrd. Euro Umsatz pro Jahr (2020) und ca. 9000 Beschäftigte. Das Unternehmen entstand 2015 zur Hälfte aus dem staatseigenen französischen ‚Nexter‘ (der Hersteller des Panzers ‚Leclerc‘) und zur anderen Hälfte aus dem deutschen Rüstungsunternehmen KMW.
KMW produziert zu 100 % Rüstung. Der KMW-Umsatz im Jahre 2021 betrug 1,4 Mrd. Euro. In Kassel allein ca. 1500 Beschäftigte, darunter ca. 350 Entwickler / Ingenieure.
Gegenwärtig (im Jahre 2023) wird der Name ‚Krauss-Maffei Wegmann‘ vollständig durch KNDS ersetzt.
KNDS hat in Kassel 3 Standorte:
(1) Wolfhager Straße 32-40
200m Luftlinie von der Uni in der Wolfhager Straße auf der rechten Seite, hinter der langen Plakatwand. Der in 2022 begonnene Neubau soll 2023 in Betrieb gehen.
(2) August-Bode-Straße 1
In der Kurve der Wolfhager Straße direkt vor der Brücke auf der linken Seite (stadtauswärts). Schild mit KMW-Logo, ansonsten recht unscheinbar.
(3) Wolfhager Straße 69
Die Gebäude liegen zwischen den beiden anderen, auf der linken Seite, stadtauswärts gesehen, an der Ecke Reuterstraße.
Der Chef des Aufsichtsrates von KMW heißt Felix Bode. Sein Vater Manfred (1941-2018) hatte (Stand: Anfang 2012) ein Vermögen von 800 Millionen Euro und stand im Oktober 2018 auf der Rangliste der reichsten Deutschen auf Platz 248.
Eine Minute für Isabel Glinicke ( -> open link in new tab)
Produkte:
- Instandsetzung und Modernisierung des Kampfpanzers Leopard 2; in der Selbstbezeichnung heißt dies: „Kampfwertsteigerung“. Das ist insbesondere vor dem (bzw. für den) Export bedeutsam.
Umbau des Leopard 2 zum ‚Leopard 2 A7+‘ (spezialisiert für den Häuserkampf). - Türme und Kabelbäume für den Puma und Leopard, auch für die Leopards, die Rheinmetall produziert.
- Umbau des Leopards zum ‚Kodiak‘. Auf die Wanne des ‚Leopards 2 A4‘ wird ein Pionierpanzer gesetzt (Knickarmbagger, Planierschild); dieser kann vollständig ferngesteuert werden.
- Panzerhaubitze 2000 – und deren Nachfolger AGM
- Panzerspähwagen Fennek
- Brückenlegepanzer Leguan
- Modernisierung des us-amerikanischen Raketenwerfers MARS
- Teile bzw. Teiltranchen des Radpanzers Boxer und des Kettenpanzers Puma
KMW hat die Absicht, an der Produktion des ab 2035 geplanten „Main Ground Combat System“ mit zu verdienen. Das Konzept des MGCS sieht vor, dass ein bemannter „Zentralpanzer“ von einer Schar von Roboterpanzern umschwärmt wird. KMW besitzt seit Juni 2021 24,9 % der Anteile der estnischen Firma „Milram“, einem Spezialisten für unbemannte Bodenfahrzeuge.
Das KMW-Hauptstadtbüro ( -> open link in new tab) befindet sich am Berliner Platz in Berlin.
(2) Rheinmetall Defence als Zusammenlegung von
Rheinmetall MAN Military Vehicles GmbH (RMMV) und Rheinmetall Landsysteme GmbH (RLS)
Henschelplatz, 34127 Kassel
Rheinmetall ist nach Airbus (eine deutsch-französische Firma, die deswegen teilweise aus der Liste ausgeschlossen wird) der zweitgrößte deutsche Rüstungskonzern. Im Jahre 2021 betrug allein sein Umsatz mit Rüstungsgütern 4,2 Mrd. Euro. Der Rüstungsumsatz liefert dabei ca. zwei Drittel des Konzernumsatzes. Für den Rheinmetall-Konzern ist Kassel der größte Standort für die Produktion (und den Umbau/Modernisierung) von Rad- und Kettenpanzern. Dieser Standort zählt ca. 1400 Beschäftigte.
Die US-Börsenaufsicht SEC kennt und nennt öffentlich 280 staatlich erfasste Aktionäre der Rheinmetall AG. Die meisten Aktionäre sind keine Privatpersonen, sondern Investmentgesellschaften. Nach der Größe der Anteile gestaffelt sind es (in dieser Reihenfolge): Blackrock, Wellington, Fidelity, Harris Associates, John Hancock, Capital Group, Vanguard, EuroPacificGrowth Fund und LSV. Sie kommen, wie auch die meisten kleineren, aus den USA. Von den Besitzverhältnissen her ist Rheinmetall quasi us-amerikanisch und eher nicht ‚deutsch‘, denn die Gewinne fließen vor allem in die USA.
Unscheinbar im Industriepark Mittelfeld nördlich des Hauptfriedhofs (die Holländische Straße raus, dann auf der linken Seite), allerdings dort mit einer großen Panzerteststrecke. U. a. dient diese Panzerteststrecke auch der Anwerbung von Fachkräften: Interessenten und Bewerber können – als kostenlose „Testfahrt“, in einem Spezialfahrzeug deklariert – selber einen Fuchs-Transportpanzer fahren.
Die Firma darf 50 Minuten pro Tag sogar die besonders lärmintensiven Kettenpanzer auch mit Hochgeschwindigkeit testen. Zusätzlich zu den beiden vorhandenen Ovalen wird zur Zeit (d.h. im Jahre 2020) eine kreisförmige Teststrecke von 50 Metern Durchmesser für den „Boxer“ und den „Fuchs“ dazu gebaut.
Produkte:
- Radpanzer Boxer
- Schützenpanzer Marder
- Schützenpanzer Lynx
- Transport-Radpanzer ‚Fuchs 2‘ , einschl. der Spezialvariante zur Erkennung von ABC-Waffen
(auch die Baugruppen für den ‚Fuchs 2‘, die in Algerien zusammengebaut werden)
- Fahrgestelle für die Panzerhaubitze 2000
- Transportfahrzeug Boxer
- Bergepanzer Büffel
- Polizei- und Führungs-Panzerwagen ‚Survivor R‘
- wie auch bei KMW baut Rheinmetall die Plattform des Leopards zum Pionierpanzer Kodiak aus
(in Kassel werden weniger die Endprodukte, sondern eher Baugruppen gefertigt) - Teile bzw. Teiltranchen des Kettenpanzers Puma
- viel Umsatz erbringt Instandsetzung, Modernisierung und Generalüberholung der o.g. Kriegsgeräte („Kampfwertsteigerung“)
Auch Rheinmetall möchte Aufträge für das ab 2035 geplante „Main Ground Combat System“ nicht KMW überlassen. Im Juni 2022 stellte die Firma ihre Konzeption unter dem Namen „Kampfpanzer Panther“ der Öffentlichkeit vor.
Nördlich von Celle, nahe Unterlüß, besitzt die Firma Rheinmetall ein großes Areal mit Fertigung, Test- und Versuchsgebiet. Dieser Standort von Rheinmetall ist mit ca. 50 qkm Fläche das größte private Test- und Versuchsgelände in Europa. Von der Fläche her sind die Städte Offenbach, Konstanz und Stralsund jeweils etwa gleich groß.
(3) PSM (Projekt System & Management GmbH); Joint Venture von Rheinmetall und KMW
Wilhelmshöher Allee 262 (Büro, nicht Produktion)
Produkt:
Das einzige Produkt bzw. „Projekt“ ist die Entwicklung und Planung des Schützenpanzers Puma. Die Serienproduktion des ‚Puma‘ begann 2015; bei KMW und Rheinmetall in Kassel wurden ca. 180 Stück der insgesamt 350 ‚Pumas‘ der Bundeswehr hergestellt. Z. Zt. (Februar 2022) gelten nur 40 Stück davon als „kriegstauglich“. Eine bessere „Feuerkraft und Führungsfähigkeit“ muss erst noch nachträglich hinzugefügt werden. Die Hersteller-Firmen sind damit bis 2029 beschäftigt. Weitere 50 Stück für die Bundeswehr sind bestellt und werden bis Anfang 2027 geliefert.
Ende 2016 wurden Pläne von Rheinmetall bekannt, im Ort Karasu am Schwarzen Meer in der Türkei unter dem Namen „Rheinmetall BMC Suvunma Sanayi (RBSS)“ eine Panzerfabrik zu bauen. RBSS ist ein Gemeinschaftsunternehmen aus 40 % deutschem, 25 % türkischem, 25 % katarischem und 10 % malayischem Kapital. Rheinmetall selbst weigert sich, das Geschäftsfeld dieser „Fahrzeugfabrik“ zu nennen.
In der Ukraine entsteht seit 2023 ein weiteres Rheinmetall-Panzerwerk, hier nun in Zusammenarbeit mit „Ukroboronprom“, dem ukrainischen Staatskonzern.
Die drei aufgeführten Betriebe in Kassel (KMW, Rheinmetall und PSM) haben z. Zt. zusammen rund 2500 Beschäftigte.
Sind 2500 viele oder wenige ? Zum Vergleich hier die Anzahl der Beschäftigten im City Point in der Kasseler Innenstadt, einer Einkaufgalerie. Dort sind 600 Personen beschäftigt.
Das Geld, das mit Rüstung verdient wurde, war schlecht fürs Konzern-Image
Der Krieg in der Ukraine ist für die Rüstungsindustrie verlockend
weitere Zulieferer und Dienstleister im Rüstungsgeschäft
Das Handbuch Rüstung ist eine sehr gute Quelle, um sich über die enge Symbiose von Rüstungsindustrie und Politik selbst ein Bild zu machen.
weiterführende Literatur zu Rüstungsbetrieben und zur Rüstungskonversion in Kassel
Hauptseite zur Rüstungskonversion
====================================================================