Ein kleiner Rückblick in die Geschichte der Rüstungsproduktion in Kassel
Von 1810 bis zum Jahre 1958 prägte die Rüstungs- und Lokomotivenfirma ‚Henschel und Sohn‘ die Stadt Kassel und bestimmte dementsprechend auch wie viele und welche Rüstungsprodukte dort hergestellt wurden. In den Jahren zwischen 1958 und 1995 wurde die Firma Henschel in Teilstücken verkauft. Und diese Teilstücke wechselten wiederum nochmal recht häufig den Besitzer. Heute erinnern praktisch nur noch Straßennamen an die Zeit vor 1958.
Hier eine Übersicht der Standorte der Firma Henschel (zum Stand ca. 1942):
An sich war es verboten zu fotografieren. Dennoch gibt es dieses Foto vom Henschel-Standort „Mittelfeld“ am 7. Oktober 1944:
Hier ein Foto eines zerstörten Hangars, bei dem nicht ganz geklärt ist, ob es den Flugplatz Kassel-Waldau oder das direkt daneben gelegene Fieseler-Werk abbildet (Datum etwa 1942) :
Sofort nach Hitlers Machtergreifung wurden die Kasseler Rüstungsbetriebe, also vor allem „Henschel“ und „Fieseler“, in die Aufrüstungswirtschaft einbezogen. Aber die Befürwortung dieser Kriegsvorbereitung ließ aus nationalsozialistischer Sicht zu wünschen übrig. So stimmten noch 1935 bei den Vertrauensleutewahlen bei Henschel ca. 35 % der ArbeiterInnen gegen die Nationalsozialistische Betriebszellen-Organisation (NSBO).
Während des Zweiten Weltkrieges gab es in Kassel über 20 Rüstungsbetriebe. Trotz ernster Bombenschäden lief die Produktion noch 1942 auf Hochtouren. Auch die zunehmenden Angriffe in den letzten drei Kriegsjahren haben die Produktion nie ganz stillgelegt. Die Zerstörungsangriffe der britischen und us-amerikanischen Luftwaffe auf die Kasseler Rüstungsindustrie hatten viel weniger Bedeutung für die Kriegseinsatzfähigkeit als meist vermutet. Unterm Strich gab es nur für einige Produkte, und das auch nur für wenige Wochen, Ausfälle. Ein Grund unter mehreren dafür war, dass sich die britischen Bombenabwürfe mehr und mehr auf die Wohngebiete konzentriert haben.
Eine damals geheime Übersicht vom 24. Oktober 1943:
In der Vergangenheit prägte über 150 Jahre lang die Firma Henschel mit ihrer Rüstungsproduktion die Kasseler Lokalgeschichte. In den Jahren 1942 bis 44 veranlasste diese systemrelevante Rüstungsproduktion in Kassel die Alliierten zu massiven Bombenangriffen. Hier sieht man, wie der Henschel-Standort „Mittelfeld“ am 7. Oktober 1944 aussah:
Buchführung über die Zerstörung innerhalb der us-amerikanischen und britischen Luftwaffe. Man sieht, dass ‚Fieseler‘ (Flugzeuge), ‚Henschel‘ (Panzer) und die Altenbaunaer Flugmotorenfabrik von Henschel die bevorzugten Ziele der US-Airforce waren:
Eine weitere wichtige Produktionsstätte der Firma Henschel war der Standort Altenbauna kurz hinter der Kasseler Stadtgrenze, wo sich zu Zeiten des Nationalsozialismus die „Henschel Flugmotorenwerke“ befanden.
Hier ein Foto von ca. 1959.
Es zeigt versteckt im(!) Wäldchen mehrere alte, kleine Hallen der Henschel Flugmotorenwerke; östlich und westlich von ihnen (d.h. vor und hinter dem Wäldchen) sieht man die neuen und größeren Hallen der Volkswagenwerke AG, die ab 1958 entstanden. Wenige Jahre danach wurde aus dem Wäldchen eine weitere Halle und die 1959 vorhandenen Hallenbereiche gingen in einer einzigen großen Halle auf.
Einen kleinen Eindruck von der militarisierten Pädagogik der vierziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts bekommt man beim Lesen der
Tigerfibel.
Sie richtet sich an, wie sie schreibt, „Zugführer und Tigerleute“. Herausgegeben wurde das Heftchen am 1. 8. 1943 vom Generalinspekteur der Panzertruppen.
Aha ! Krieg ist hauptsächlich Spiel, Spaß und Abenteuer.
Klebezettel
des „Internationalen sozialistischen Kampfbundes“ aus den Jahren 1944/45. Die Zettel wurden u.a. in Kasseler Telefonzellen in die dort ausliegenden Telefonbücher gelegt. (Privatarchiv Max Mayr)
Die knappe Geschichte der Firma KNDS (ehemals KMW) in Kassel.
Das Rüstungsunternehmen entstand durch Fusionen. 1882 gründeten Peter Wegmann und Richard Harkort die „Casseler Wagonfabriken von Wegmann, Harkort & Co.“, die 1886 in ‚Wegmann & Co.‘ umbenannt wurden. August Bode und Conrad Köhler übernahmen das Unternehmen 1912.1931 übernahm in München der Lokomotivbauer Krauss AG den insolventen Branchenkollegen Maffei AG. 1933 – 1945 entwickelten sich die beiden Firmen Krauss-Maffei (München) und Wegmann (Kassel) zunehmend zu reinen Rüstungsunternehmen. Tausende KZ-Häftlinge und Kriegsgefangenen mussten Zwangsarbeit leisten. Wegmann & Co kam mehrheitlich in den Besitz der Familie Bode. 1999 wurde die Düsseldorfer Firma Mannesmann zerlegt, deren Rüstungssparte (d.h. die Firma Krauss-Maffei) ging im selben Jahr zu 51 % an die Firma Wegmann & Co. Im Jahr 2010 erwarb KMW die restlichen 49 %, die zwischenzeitlich ein paar Jahre zu Siemens gehört hatten.
Unter der Adresse ‚Kassel, Wigandstraße 17 b‚ wohnten nachgewiesenermaßen seit 1950 sowohl August als auch Manfred Bode.
Das Vorderhaus mit der Hausnummer 17, ein repräsentatives Landhaus mit Jugendstil-Anklängen, ist 1912 für den Kaufmann Rentzsch erbaut worden; im dahinterliegenden Grundstück also das Wohnhaus. Es ist davon auszugehen, dass die ‚große Jugendstil-Villa‘ als Geschäftshaus der Fa. Wegmann & Co. genutzt wurde.