Die Forderung nach gesellschaftlich nützlichen Produkten und sozialverträglicher Rüstungskonversion ist ein wichtiges Anliegen von Friedensbewegung, Friedensforschung und Gewerkschaften. Der biblische Ausdruck Schwerter zu Pflugscharen (nach dem Buch Micha 4, 1-4), eines der ältesten Sinnbilder für Rüstungskonversion, wurde in den 1980er-Jahren zu einem Symbol der Friedensbewegung in Ost und West.
Ein politischer Weg, der gar nicht Gefahr läuft, Probleme mit der Rüstungskonversion zu bekommen, wäre der, erst gar keine mächtige Rüstungsindustrie wachsen zu lassen. Das historische politische Beispiel dafür ist Japan. Zwischen 1947 und 2024 lässt sich in Japan eine gegenseitige Stärkung von Friedensgesinnung und erfolgreicher ziviler Wirtschaftsentwicklung („Wirtschaftserfolg durch Niedrigrüstung“) konstatieren. Dazu gehörte sehr deutlich auch immer das Exportverbot für eigene Waffen. Dieser besondere Charakter der japanischen Außenpolitik, die sich lange Zeit auf Diplomatie und militärische Zurückhaltung beschränkte, war auch der Vorbeugung gegen einen erneuten japanischen Militarismus geschuldet.
Die Kasseler Bevölkerung hat allen Grund, tiefgreifend und schnell die Rüstungsherstellung in der Stadt und in der Umgebung zu beenden.
Nach dem Ende des Kalten Krieges und bedingt durch eine intensivere Beschäftigung mit diesem Thema ergab sich mit der Verwertung militärischer Liegenschaften ein zweiter Schwerpunkt, bei dem auch tatsächlich beachtliche Erfolge erzielt werden konnten. Auch die Umwidmung von Forschungsmitteln, die Auflösung ganzer Armeen und die Integration der ehemaligen Soldaten in den zivilen Arbeitsmarkt gerieten in den Fokus der Konversionsforschung. Deshalb nutzt man seitdem die erweiterte Begriffsdefinition für Konversion als die Umwidmung aller bisher militärisch verwendeten Ressourcen für zivile Zwecke.
Rüstungskonversion und Kommunalpolitik / Stadtplanung
Frühere Kasernen der Bundeswehr, der Nationalen Volksarmee der DDR und der Alliierten wurden nach 1989 geschlossen und Wohnsiedlungen wie der MLK-Park im Mainzer Stadtteil Hartenberg-Münchfeld entstanden. In Bremen wurde die ehemalige Kaserne Vahr zum neuen Polizeipräsidium und die Kaserne Bremen-Grohn die neue Internationale Jacobs Universität.
In Kassel gilt der neue Stadtteil Marbachshöhe als eine in ganz Deutschland geachtete Erfolgsgeschichte der Konversion militärischer Liegenschaften. Der Campus der Universität Kassel am Holländischen Platz benutzt seit den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts die Flächen und Gebäude der Firma Henschel, die hier seit 1810 Waffen produziert hatte.
Die Umwandlung von Militärgütern zu Zivilgütern
Da nach Kriegen oft ein Rohstoffmangel auftritt, versucht das Handwerk und die Industrie, ihren Rohstoffbedarf mit ausgemusterten Militärgütern zu decken. Militärgegenstände werden in der Folge zu zivilen Gebrauchsgütern umgearbeitet. So wurden etwa ab Mitte 1945 – sehr öffentlichkeitswirksam in den Kino-Nachrichten zu sehen – aus alten Stahlhelmen emaillierte Durchschläge und aus Gasmaskenbüchsen emaillierte Milchkannen für den Haushalt hergestellt. Weiter produzierte man Kerzenleuchter und Aschenbecher aus Granatteilen, Mäntel aus umgefärbten Uniformen und viele andere Objekte des täglichen Bedarfs. Noch heute sind sie sowohl im Gebrauch als auch inzwischen in manchem Museum zu finden.
Heute ist es oft schwieriger, die vorhandenen Militärgeräte einer zivilen Verwendung zuzuführen. Beispielsweise erschwert der hohe Asbestgehalt in Panzern die Umnutzung zu Löschpanzern zur Bekämpfung von Waldbränden. Auch der Einsatz des giftigen Cadmiums zur Verhinderung von Korrosion macht eine zivile Verwendung nicht einfach. Es ist daher oft billiger, die vorhandenen militärischen Produkte zu verschrotten und mit den bestehenden Produktionsanlagen neue Produktideen umzusetzen.
Die Umstellung auf zivile Produkte wäre eigentlich für die Unternehmen kein Problem, wenn . . .
Die Rüstungsindustrie in Deutschland hat eine sehr wirksame Lobby, allerdings wird der Anteil, den sie an allen Arbeitsplätzen besitzt, oft überschätzt. Realistische Berechnungen gehen von alles in allem 387.000 Beschäftigten in der Rüstungsproduktion, einschließlich der Zulieferer-Betriebe aus (Stand März 2025). Der Informationsdienst des ‚Instituts der deutschen Wirtschaft‘ (iwd) ermittelte für 2020 einen Rüstungsumsatz Deutschlands von 11,28 Mrd. Euro. Der Anteil am deutschen Bruttoinlandsprodukt von 3.405 Mrd. € betrug damit 0,33 %. Das war damals volkswirtschaftlich und gesamtgesellschaftlich gesehen nicht viel. Innerhalb des genannten Zeitraums der vergangenen fünf Jahre ist aber ein tiefgreifendes Wachstum der Rüstungsbranche vonstattengegangen. Dieser Prozess beschleunigt sich gegenwärtig, sodass davon gesprochen wird, dass die gesamte deutsche Wirtschaft zu einer Kriegswirtschaft umgestellt wird. Historische Vorbilder scheinen Deutschland von 1914 bis 1918 und die Vereinigten Staaten von 1940 bis 1945 zu sein.
[Nur zum Vergleich für die o.g. 387.000 Arbeitnehmer: Man weiß, dass in der Windkraftbranche ca. 100 000 Beschäftigte arbeiten oder – ein anderes Beispiel – dass in der Sicherheitsbranche, dem Bewachungsgewerbe, ca. 280 000 Menschen beschäftigt sind.]
Hin und wieder hören wir den Einwand, dass ein Rüstungsingenieur kein Pfleger werden könne. Warum eigentlich nicht ?
Mit einem Konversionsfonds und/oder Konjunkturpaketen ließen sich gute Qualifizierungsprogramme auflegen. Es ließe sich die Bezahlung für Pflegefachkräfte erhöhen. Gesellschaftlich nützliche Investitionen würden viele andere interessante und(!) qualitativ hochwertige Arbeitsplätze schaffen. Die indirekte Staatsabhängigkeit eines Rüstungsarbeitsplatzes würde dann zukünftig zu einer direkten Tätigkeit im öffentlichen Dienst bzw. im öffentlichen Auftrag weiterentwickelt. Umbauen und Umlernen ist in der heutigen Arbeitswelt der Normalzustand. Kluge Qualifizierung ist der Dreh- und Angelpunkt.
Als im Jahre 1990 in Deutschland eine zaghafte Abrüstung begann und es möglich schien, dass sie anwachsen würde, nahm auch die Bundesregierung dazu Stellung. Das „Handelsblatt“ berichtete am 9. Juli 1990:
„Soweit größere Schwierigkeiten bei dem industriellen Umstellungsprozeß entstünden, sei die Bundesregierung bestrebt, durch geeignete Maßnahmen im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten bruchartige Entwicklungen zu vermeiden. Andererseits stehe zu erwarten, dass der notwendige Anpassungsprozeß infolge der günstigen Wirtschaftslage [. . . ] ohne nachhaltige Friktionen bewältigt werden könne.“
Die Profitrate in der Rüstungsindustrie ist hoch. So hoch, dass selbst die 25,3 Mio. €, die von der Bundesregierung von 2015 bis 2018 eingeplant waren, um die „Diversifizierung von Unternehmen der Verteidigungsindustrie“ finanziell abzustützen, nicht abgerufen wurden. Nur ein Projekt nahm sich aus dem Topf den kleinen Betrag von 410 000 €.
Ungeachtet dessen waren die genannten 25 Mio. € keine große Summe, denn z.B. nur für die Rüstungsforschung an öffentlichen Hochschulen gab es im selben Zeitraum 229 Mio. € zu verteilen. Diese Summe wurde vollständig aufgebraucht.
Mit anderen Worten: Konversion wäre volkswirtschaftlich kein Problem, wenn es dem Unternehmer nicht auch immer um seine Macht ginge. Außerdem bietet die Waffen- und Munitionsproduktion sicheren(!) Profit. Für Zivilgüter müsste man sich auf dem Markt behaupten, ohne Garantien und Sicherheiten.
Volkswirte sprechen von einer bekannten wirtschaftlichen Falle, bzw. von einer naheliegenden Gefahr der Kurzsichtigkeit:
Je mehr Rüstungskäufe und Rüstungsumsatz, desto mehr Druck lastet auf den Arbeitsplätzen, weil hiermit die Innovationen im zivilen Bereich untergraben werden. Dies gilt völlig unabhängig von ‚guten Absichten‘ und berechtigten individuellen Motiven der Arbeitsplatzsicherheit. Ja, die Wirksamkeit ist geradezu kontraproduktiv: je mehr den guten Absichten nachgekommen wird, desto gefährdeter werden die Arbeitsplätze.
Diese volkswirtschaftliche Sichtweise liegt auch dem Kernsatz zugrunde, dass der Rüstungssektor lediglich konsumtiv und nicht investiv ist, weil die Herstellung von Waffen keine nachfolgenden zusätzlichen Steuereinnahmen generiert.